„Al Machag al Kardinachija Tempeltour“
Es ist Montag Früh als unsere 5-tägige Tempelrundreise nach Nordthailand beginnt. Wir sind 18 Reisende in einem großen Bus – d.h. viel Platz für jeden. Offenbar sind die anderen Gäste erst letzte Nacht in Bangkok angekommen und haben den Zeitunterschied von 5 Stunden zu Deutschland noch nicht verdaut, denn man hört kein Muh und kein Mäh von denen. Allerdings sind Hans und ich auch nicht sonderlich gesprächig, schließlich haben wir nicht wirklich viel Schlaf abbekommen die letzten Tage in Bangkok.
Wir könnten uns dafür kaputtlachen über unsere Reiseleiterin. Nach jedem zweiten Satz kichert sie sich einen ab. Das ist so ansteckend, daß bald doch der ganze Bus erwacht und nur darauf wartet, daß sie wieder kichert, um mitzulachen. Und dann prägt sie auch noch einen Ausspruch, der uns seit dem begleitet. Jedesmal, wenn ihre „Lieblingsfamilie“ – wie sie uns nennt – wieder zurück im Bus ist, fragt sie: „Alles dabaiii? Foto dabaiii? Geld dabaiii? Liebling dabaiii?“. Ich schaue nach rechts und kann nur zustimmend nicken, also geht’s weiter zur nächsten Tempelanlage, oder was davon nach 700 Jahren übriggeblieben ist.
Die Sonne brennt auf uns nieder, während wir versuchen, den Erklärungen von Janree – unserer Reiseleiterin – zu folgen. Irgendwie sind an den Ruinen die Burmesen schuld, denn die haben irgendwann einmal irgendwie alles kaputt gemacht und die Schätze gestohlen. Besonders tragisch ist der Verlust der Buddha-Figuren, die aus Gold waren. Fies, diese Burmesen! Haben die doch einfach die Statuen eingeschmolzen!
Am Anfang sind wir völlig aus dem Häuschen und Fotografieren jeden Tempel und jeden Buddha aus allen Lebenslagen. Aber nach drei Tagen Tempel und Buddhas, und noch ein Tempel und noch ein Buddha, und noch ein Tempel und noch ein Buddha – wird das Ein- und Aussteigen in und aus dem Bus immer mühseliger. Beim letzten Tempel gibt Hans auf und bleibt im Bus und mir fallen unwillkürlich die Worte seiner Mutter ein, die bei einer ähnlichen Tempeltour mal sagte: „ICH ziehe jetzt meine Schuhe NICHT mehr aus!“. Gut, wenn man Flip Flops anhat!
Aber es kommt dann doch immer wieder vor, daß uns wieder etwas überrascht und wir baff sind und mit offenem Mund dastehen – wie z.B. ganz besonders in Sukothai vor dem Buddhakopf im Baum! Man ist fast versucht zu glauben, daß dieser absichtlich dort hineingestellt wurde – zu perfekt scheint die gerade und symmetrische Ausrichtung des Kopfes zu sein. Aber schnell wird klar, daß dies tatsächlich ein Zufall der Natur ist! Wirklich sehr faszinierend!
Langsam kommen wir auch mit unserer Reisegruppe ins Gespräch. Vor allem unsere drei Damen aus Leverkusen sind sehr aufgeweckt und reiselustig und haben es uns angetan. Innerhalb kürzester Zeit verwandeln wir uns zu einem quatschenden und lachenden Dreamteam und ernten verwunderte (oder neidische?) Blicke der übrigen Reisegäste – nicht zuletzt, als wir „genüsslich“ diverse Heuschrecken und Grashüpfer verspeisen. (Ok, DA waren die Blicke dann nicht neidisch.)
Der schönste Tag der Tour war der Mittwoch – das Elefantencamp! Einige Kilometer außerhalb von Chang Mai brachte uns der Bus mitten in den Dschungel. Wir waren praktisch alleine dort – man mußte sich nur die 10 japanischen Touristenbusse wegdenken. Nein, aber ehrlich, war toll dort. Während die meisten aus unserer Gruppe einen Elefantenritt durch den nahegelegenen Fluss machten, genossen wir die Landschaft (und ich die Toilette. Erstaunlich: mitten im Urwald gibt es bessere WCs als an jeder Tankstelle)
Was danach kam, hat uns allerdings von den Stühlen gerissen! Elefanten, die mit ihren Rüsseln Bilder malen! Man muß es selbst sehen, sonst glaubt man es nicht. Da werden Bäume und Blumen gemalt – und die Bilder sehen sogar auch noch gut aus!
Aber eine Elefantenkuh namens Nora hat alles übertroffen. Während wir ca. 200 Zuschauer uns noch wundern, was das für ein Baum werden soll – die Linien hatten dazu eine zu eigenartige Form – ergänzt Nora noch eine Linie und mit einem Mal geht ein erstauntes Raunen durch die Menge. Menschen springen auf, rennen zum Geländer um einen besseren Blick zu erhaschen, begleitet von den „Please sit down, please sit down!“ Rufen der Moderatorin, überall werden Kameras gezückt und ungläubige Blicke ausgetauscht. Keiner achtet mehr auf die anderen Elefanten. Und selbst wir bekommen fast eine Gänsehaut, als wir erkennen was Nora da direkt vor unseren Augen gezeichnet hat: einen ELEFANTEN!
Was an den letzten beiden Tagen unserer Rundreise geschehen ist, will ich nur kurz erzählen – denn mittlerweile sind wir schon auf Bali und ich bin ganz schön ins Hintertreffen damit geraten, alles aufzuschreiben, was wir so erleben. Es ist jetzt schon so viel, daß die Nächte nicht ausreichen, um alles in Träumen zu verarbeiten. Vielleicht mache ich demnächst einen separaten „Oskar’s Traum-Erkenntnisse“ Beitrag hier auf. ;-)) Denn irgendwie kommt IHR alle andauernd darin vor.
Zurück zur Tour. Nach einem durchaus rührenden Abschied von unseren Damen (natürlich wieder unter den irritierten Blicken der anderen), die mit dem Großteil unseres Busses wieder Richtung Bangkok fuhren, gings für uns in den Norden und zu den Hilltribes – den ursprünglichen Bergvölkern.
Wie alle, die sich für diese Tourvariante entschieden hatten, waren auch wir schon voller Vorfreude darauf zu sehen und zu erleben, wie diese Urvölker lebten. Ganz besonders waren wir auf die „Long-Neck“ Frauen neugierig, die Frauen mit den langen Hälsen und den Ringen drumrum. Doch es kam anders.
Eigentlich hätten wir schon skeptisch aufhorchen sollen, als unser neuer Reiseleiter uns morgens aufzählte, was wir alles an dem Tag auf dem Programm haben: Ein Tempel, fünf Bergvölker, Goldenes Dreieck (Zusammentreffen von Thailand, Burma und Laos), Flussfahrt, Besuch von Laos und dann noch ca. 4 Stunden Busfahrt – das konnte schon rein rechnerisch nicht alles an einem Tag durchgeführt werden.
Wir schafften es dann aber doch. Denn die Bergvölker hatten – was für ein Zufall – ihre Berghütten direkt nebeneinander gebaut und diese zu einem Dorf zusammengeschlossen. Damit man sich auch ja nicht verirren konnte, gab es Hinweisschilder, welches ursprüngliche Volk wo zu finden war. WIR dachten ja immer, daß wir in unserer westlichen Welt fortschrittlich sind, aber nein, weit gefehlt, diese URSPRÜNGLICHEN Völker bewiesen uns, daß der wahre Fortschritt mitten im Dschungel entstanden ist. So hatten sie clevererweise eine Hauptverkehrsstraße in unmittelbarer Umgebung ihres Dorfes errichten lassen, für eine verkehrsgünstigere Anbindung der Touristenbusse. Damit wir Touristen uns nicht schlecht dabei fühlen, wenn wir in ihre Privatsphäre eindringen, haben sie einen Zaun um das Gelände errichtet und ein Kassenhäuschen an den Eingang gestellt. Nachdem wir brav unsere 10 Euro pro Person entrichtet haben, ging es dann an URSPRÜNGLICHEN Souvenierläden vorbei, in denen die Frauen ihre selbst gewobenen Tücher und Kunstgegenstände feilboten. Wie naiv wir doch vor diesem Besuch in dem Dorf waren zu glauben, daß diese Gegenstände in Massenproduktion irgendwo hergestellt werden – nein! – die Wahrheit ist, daß hier mitten im Urwald Nordthailands diese Tücher von armen Frauen tagein-tagaus in mühevoller Kleinarbeit hergestellt werden. Sie hocken dabei auch noch in einer unbequemen Position da und machen nichts außer weben und weben, während die Touristen sie ununterbrochen stören, weil sie ein Andenken in Form eines Foto von diesem ursprünglichen allen Lebens mitnehmen wollen um es zurück in der zivilisierten Welt ihren noch unwissenden Angehörigen zu zeigen. Es war ein Augenöffner! Selbst die vorgeführten Tänze mit der dringenden Bitte, doch für die Darbietungen eine kleine „Donation“ zu erbringen, konnte uns nicht über Demut und Ursprünglichkeit dieser armen Bergvölker hinwegtäuschen. Erst die vielen Moppeds hinter den einfachen Hütten machten uns etwas skeptisch…
Nachdem wir an der gefühlten 1000 Donation-Box vorbeigelaufen sind, haben wir dann auch endlich die langersehnten „Long-Neck“ Frauen gesehen. Da hatten wir dann aber schon alle genug. Eigentlich wollten wir nur noch aus diesem menschlichen Zoo raus!
Das war ein furchtbares Erlebnis und ich schäme mich fast dafür, daß ich überhaupt durch das Dorf durchgelaufen bin. Denn – so muß man wissen – die Völker können gar nichts dafür. Was wir später in einem seriösen Hilltribe-Museum gelesen haben, bestätigte die Theorie von Hans zu 100%. Ein pfiffiger Geschäftsmann hat kleine Gruppen dieser Völker teilweise aus dem Ausland in diese Region gebracht und dieses künstliche Dorf aufgebaut. Zwar sollen die dargestellten Arbeiten, die Art der Hütten und die traditionellen Tänze dem tatsächlichen Leben entsprechen – aber mal ehrlich, wenn ich Disneyland will, dann gehe ich nach Los Angeles und nicht in den Urwald!
Nach diesem Erlebnis tat der Reiseleiter jedenfalls gut daran, nicht zu fragen, wie es uns gefallen hat – und überhaupt war es schwer, die Mundwinkel wieder nach oben zu bewegen. Da half auch die „Einreise“ nach Laos nichts – aber das ist eine andere Geschichte zum Kopfschütteln und vielleicht sogar besser zum Live-Erzählen. (Außer Ihr protestiert hier jetzt alle lauthals und überzeugt mich, sie doch aufzuschreiben.)
Fazit zur Tempeltour: Es war dennoch toll und lustig und irgendwie sehenswert. Aber einmal langt auch. 😉
Grüße vom Tempel-Oskar
https://youtu.be/U1tGnR2uD_A
Hallo Bruderherz, hallo Hans!
Ich finde euren Blog wirklich klasse! Es ist super schön, euch auf diese Art auch irgendwie begleiten zu können..man ist fast dabei 😉
Genießt weiter die Zeit!
Ich freu mich schon auf den nächsten Eintrag!!!